Parallelvertrieb in der Pharmaindustrie

Parallel Distribution

Trotz der Harmonisierungsbestrebungen durch die europäische Falsified Medicines Directive sind die Pharmaregularien in der Europäischen Union weiterhin fragmentiert. So haben Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien jeweils eine nationale Lösung für das Labeling von Arzneimitteln, die sich von dem aus anderen EU-Staaten abhebt. Ein Unternehmen, das für Spanien produziert, muss viel mehr Aufwand betreiben, um seine Produkte auch nach Italien zu exportieren, als in Länder mit einer vollständig umgesetzten EU-FMD. Eine Lösung hierfür ist der Parallelvertrieb.

Dies ist jedoch nicht der einzige Einsatzzweck des Parallelvertriebs. Als Schlüsselaspekt dieser Branche ist es eine Praxis, die die Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von Medikamenten erheblich beeinflussen kann. Wie der Parallelvertrieb funktioniert, wo seine Vorteile liegen und wo der Unterschied zum Parallelimport liegt wird in diesem Artikel besprochen. Den rechtlichen Fokus legen wir auf die Europäische Union.

Wie funktioniert der Parallelvertrieb?

Der Parallelvertreiber ist ein unabhängiges Unternehmen, das Arzneimittel auf einem Markt einkauft und nach der Umverpackung auf einem anderen Markt in Verkehr bringt. Beim Parallelvertrieb dreht es sich um den Handel mit einem Arzneimittel, welches durch ein zentrales Verfahren in der gesamten EU gemäß Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen wurde. Eine eigene nationale Zulassung ist nicht notwendig. Allerdings muss vor dem Vertrieb das „Notifizierungsverfahren“ bei der European Medicines Agency (EMA) durchlaufen werden.

Nach Eingang eines Antrags für das Notifizierungsverfahren prüft die EMA diese innerhalb von 60 Tagen. Anschließend erfolgt entweder die Mitteilung der Genehmigung zum Parallelvertrieb oder ein Schreiben zur Nichteinhaltung. Von den 60 Tagen entfallen 35 Tage auf die Bewertung durch die Agentur, während die restlichen 25 Tage für mögliche Verzögerungen reserviert sind. Die EMA führt ihre Prüfung innerhalb von 35 Tagen ab dem Tag der Meldungsbestätigung durch. Wenn die in den EU-Rechtsvorschriften für Arzneimittel und in der Genehmigung für das Inverkehrbringen festgelegten Bedingungen erfüllt sind, wird die Genehmigung zum Parallelvertrieb ausgestellt.

Sollte es ein Hindernis für die Ausstellung der Genehmigung geben, informiert die Agentur den Parallelhändler darüber. Die Frist von 35 Tagen wird dann ausgesetzt, bis der Parallelhändler auf die Anmerkungen der Agentur reagiert – jedoch maximal für 25 Tage. Der Parallelhändler wird aufgefordert, in seiner Antwort alle Kommentare der Agentur zu berücksichtigen, Angaben zu ergänzen oder zu ändern sowie Etikettierung oder Packungsbeilage anzupassen oder zu erklären.

Die Unterschiede zum Parallelimport

Beim Parallelimport erwirbt ein Unternehmen ein Arzneimittel aus einem anderen EU- bzw. EEA-Mitgliedstaat (European Economic Area) und importiert es ins Importland. Dort wird es anschließend “parallel” zum ursprünglichen pharmazeutischen Hersteller vertrieben.

Das importierte Arzneimittel ist im Wesentlichen identisch zum Original. Außerdem muss ein gültiger nationaler Zulassungsinhaber im Importland existieren. Nur in der Zulassung genannte Hersteller dürfen das Arzneimittel vertreiben. Anders als beim Parallelvertrieb benötigt der Parallelimporteur daher eine eigene, im Importland gültige nationale Zulassung.

Der Parallelimporteur verfügt jedoch nicht über so detaillierte Informationen zum importierten Arzneimittel wie der Originalhersteller. Er kann daher kein vollständiges Zulassungsdossier erstellen und bei der nationalen Zulassungsbehörde einreichen. Dennoch ist das importierte Arzneimittel der nationalen Zulassungsbehörde bereits durch das Bezugs-Arzneimittel bekannt. Der Parallelimporteur kann daher eine Zulassung im vereinfachten Verfahren erhalten, bei dem nur sehr begrenzte Angaben zum Arzneimittel erforderlich sind.

Vorteile des Parallelvertriebs

Parallelimporteure und Vertriebler spielen eine entscheidende Rolle in der Pharmaindustrie. Sie ermitteln Märkte, auf denen Medikamente zu niedrigeren Preisen verkauft werden, kaufen diese Medikamente ein und verkaufen sie dann auf Märkten, auf denen die Preise höher sind. Diese Kosteneffizienz, da Arzneimittel von günstigeren Märkten bezogen werden, kommt sowohl den Händlern als auch den Verbrauchern zugute, da Medikamente günstiger werden. Außerdem erhöht er die Verfügbarkeit von Arzneimitteln, insbesondere in Ländern mit Versorgungsengpässen. Außerdem können Pharmaunternehmen so ihre Marktpräsenz ohne zusätzliche Herstellungs- oder Marketingkosten ausweiten.

Herausforderungen beim Parallelvertrieb

Trotz seiner Vorteile ist der Parallelvertrieb mit einigen Herausforderungen verbunden. Dazu gehören regulatorische Hürden, da einzelne Länder unterschiedliche pharmazeutische Vorschriften haben. Es gibt auch Bedenken hinsichtlich der Qualitätskontrolle und Sicherheit, da eine unsachgemäße Handhabung während des Vertriebs die Qualität der Medikamente beeinträchtigen kann. Auch wenn in der Regel niedrigere Preise entstehen kann sich der Parallelvertrieb auf die Preisstrategien der Pharmaunternehmen auswirken. So kann es sein, dass der Preis von häufig exportierten Produkten sich im Herstellerland erhöht, mit Auswirkungen auf die dortigen Patient:innen.

Die Zukunft des Parallelvertriebs

Zum 9. Februar 2025 endet die Ausnahmeregelung der EU-FMD für Belgien, Griechenland und Italien. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen zum Rest der EU war der Parallelvertrieb und Import besonders dort ausgeprägt. Ausgelöst durch die Änderungen ist es möglich, dass Bewegung in den Markt kommt und der Parallelvertrieb etwas an Bedeutung verliert. Für Hersteller sollte es, ohne die Sonderregelungen, nämlich einfacher sein direkt für diese Zielmärkte zu produzieren. Wie die tatsächlichen Auswirkungen sind, bleibt jedoch abzuwarten.

Der Parallelvertrieb ist ein entscheidender Aspekt der pharmazeutischen Industrie, der weitreichende Auswirkungen auf die Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit der Gesundheitsversorgung hat. Auch wenn es Herausforderungen gibt, sind die potenziellen Vorteile für die Verbraucher und die Branche im Allgemeinen immens.

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[Disclaimer]

Die vorliegenden Informationen sind nur eine mögliche Interpretation der Regularien. Diese befinden sich zudem im ständigen Wandel, sodass die Informationen in diesem Artikel möglicherweise unvollständig oder nicht mehr auf dem neusten Stand sind. Bei dem obigen Artikel handelt es sich ausdrücklich nicht um eine rechtliche Beratung. Bitte informieren Sie sich in den offiziellen Dokumenten, bevor Sie unternehmerische Entscheidungen treffen. (Stand der Informationen: Juli 2024)

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