Mit dem Go-Live der EU-FMD bzw. der ersten Scans in den Apotheken kamen auch die Fehlermeldungen. Die Analyse dieser Alerts und die Rückmeldung an die EMVO liegt in der Verantwortung der pharmazeutischen Hersteller (MAH) und der nationalen Behörden. Lange Zeit haben aber sowohl die Behörden als auch die MAH die Fehlermeldungen ignoriert und eine selektive Bearbeitung wurde hingenommen. Warum sich die Herangehensweise der Behörden aktuell ändert, erfahren Sie im Folgenden.
Vor allem durch Scan-Fehler war die Anzahl der Alerts zu Anfang besonders hoch. Doch auch heute noch, kommt es zu Handhabungsfehlern durch die Apotheken. Zum Beispiel, wenn der Scanner nicht richtig eingestellt ist und alle Großbuchstaben in Kleinbuchstaben umwandelt. Das hat auch dazu geführt, dass es aktuell eine hohe Diskrepanz zwischen den offiziellen Anforderungen und der gelebten Praxis zwischen Behörden und MAH gibt. Durch die fehlenden Möglichkeiten, größere Mengen an Alerts adäquat zu bearbeiten und an die Behörden zurückzumelden, wurde das Alert Management bislang weder von den Behörden noch von den MAH priorisiert. Auch die diversifizierte Landschaft der zur Verfügung gestellten Möglichkeiten der NMVOs trägt zu dieser Praxis bei.
Die gesetzliche Grundlage für das Alert Management
Die Verpflichtung der MAH, ein aktives Alert Management zu betreiben, ergibt sich aus den Verpflichtungen NMVOs. So sind die NMVOs nach der „EU-FMD Delegated Regulation 2016/161, Article 37“ unter anderem dazu verpflichtet, die aufkommenden Alerts zuüberwachen. Außerdem müssen sie dafür sorgen, dass die Fehlermeldungen untersucht und auch an die entsprechenden Stellen (NCA, EMA, EU-Kommission) gemeldet werden, sollte sich ein Fälschungsverdacht bestätigen. Da die NMVOs diesen Verpflichtungen nicht allein nachkommen können, wurden sie an die MAH delegiert.
Das Best Practice Dokument der EMVO “EMVO-00306 BEST PRACTICE ON ALERT HANDLING V2.0 21/06/202” bezieht sich auf die Delegated Regulation und erläutert, dass die NMVOs die Verpflichtungen an die Endnutzer, dementsprechend die MAH und die Apotheken, delegieren können.
Auf Grundlage der oben beschriebenen Gesetzestexte wird ersichtlich, dass das Alert Management ein grundlegender Baustein der Serialisierung ist. Ein EMVO- und GXP-konformer Abschluss des Serialisierungsprozesses wird nur durch die Bearbeitung der finalen Alerts erreicht. Erst dann ist der Prozess vollständig abgeschlossen.
Das EAMS und seine Folgen für das Alert Management
Die Anforderungen der NMVOs waren und sind nicht einheitlich. Dies betrifft beispielsweise die Bearbeitungsfristen für Alerts. In Spanien gilt eine Frist von 24 Stunden, in Österreich müssen Alerts innerhalb von drei Tagen bearbeitet und aufgelöst oder an die Behörden eskaliert werden. Auch die Möglichkeiten zur Meldung und Bearbeitung der Alerts war bisher nicht einheitlich. Neben dem EMVO Gateway Melior Solutions gibt es nationale Alert Management Portale, E-Mail-Benachrichtigungen oder auch direkten Behördenkontakt per Telefon – immer abhängig von den nationalen Voraussetzungen der Behörden. Durch das einheitliche und übersichtliche Alert Management Portal der EMVO, das Alert Management System (EAMS), hat sich die Situation jetzt verändert.
Das EAMS stellt wesentliche Funktionen bereit, die die MAHs zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen benötigen. Die „Gnadenfrist“ durch die Behörden ist deshalb vorbei. Nun müssen die NMVOs und die MAHs ihren Verpflichtungen in vollem Umfang nachkommen. Durch das Alert Management System der EMVO stehen alle Möglichkeiten zur umfassenden Alert-Bearbeitung zur Verfügung. Das AMS schafft einen zentralen Ort, an dem alle Alerts zusammenlaufen, hinzu kommen Funktionen, wie
- Massenbearbeitung
- diverse Filteroptionen
- Statusanzeige des Alerts
- Anzeige, wieviel Bearbeitungszeit noch übrig ist
Was ist jetzt für MAHs zu tun?
Die NMVOs kommen nun ihren Verpflichtungen nach und nehmen die Zulassungsinhaber in die Pflicht. Für die MAH bedeutet das, dass sie ihre Ausgangslage überprüfen und von dort aus geeigneten Maßnahmen ergreifen sollten. Darunter fällt zum Beispiel die Überprüfung aller Prozesse, die mit dem Alert Management zusammenhängen. Außerdem sollten die neuen Möglichkeiten, die sich durch das AMS ergeben, erkundet werden. Hat ein MAH beispielsweise zuvor vor allem auf die direkte Benachrichtigung durch E-Mails gesetzt, lohnt es sich, sich einmal im kostenfreien EAMS zu registrieren und so die tatsächliche Anzahl der Alerts für das jeweilige Unternehmen herauszufinden. Diese können weitaus höher sein als bisher angenommen. Sind die ersten beiden Schritte getan, kann das eigentliche Alert Management angegangen werden:
- Aktives Management der Alerts starten
- Prozess für rechtzeitige Untersuchung der Warnmeldungen etablieren (
- Kontinuierlich Volumen der Alerts reduzieren (aktive Zusammenarbeit mit den NMVOs)
Grundsätzlich empfehlen wir, eine langfristige Lösung für das Alert Management zu finden. Für eine vollständige Compliance sollten feststehen, wer die Fehlermeldungen bearbeitet, wenn die Verantwortlichen ausfallen, wie punktuelle Spitzen bei den Alert Mengen abgefangen werden können und wie mit dem Thema Dokumentation umgegangen wird.