Auch bei intensiv getesteten Medizinprodukten können bei der Nutzung unbekannte Nebenwirkungen auftreten. Kommt es zu solch einem Vorfall, muss dieser laut Artikel 80(2) der Medical Device Regulation (MDR) dokumentiert werden. Die EUDAMED Datenbank ist hierbei Anlaufstelle für die jeweilige Dokumentation. Zusätzlich gilt die Meldepflicht für Vorkommnisse, welche verhindert werden konnten. Auf diese Weise gesammelte Daten dienen anschließend dem Erstellen von Reports für die Post-Market Surveillance (PMS).
Doch was genau ist Post-Market Surveillance? Wo liegen die Unterschiede zwischen proaktivem und reaktivem PMS und wie viel kostet ein solches System die Hersteller?
Was ist Post-Market Surveillance
Post-Market Surveillance im Bereich der Medizintechnik bezieht sich auf den systematischen Prozess zur Überwachung und Bewertung von medizinischen Geräten, nachdem sie zugelassen und auf den Markt gebracht wurden. Es ist ein entscheidender Aspekt für die Sicherheit der Patient:innen. Dabei wird die Effektivität der Geräte während ihres gesamten Lebenszyklus betrachtet. PMS beinhaltet das Sammeln und Analysieren von Real-World-Daten zur Leistung der Geräte. Untersucht werden unerwünschten Nebenwirkungen und das Feedback der Benutzer:innen. Durch die proaktive Identifizierung und Behandlung dieser Probleme können Regulierungsbehörden und Hersteller notwendige Maßnahmen ergreifen. Zum Beispiel Produkt-Rückrufe, Nachbesserungen bei den Sicherheitshinweisen oder Produktverbesserungen. Die Sicherheit der Patient:innen und die Qualität der Produkte soll so noch weiter verbessert werden. PMS ist ein kontinuierlicher und iterativer Prozess, der die Zusammenarbeit zwischen Herstellern, medizinischem Fachpersonal und Regulierungsbehörden erfordert. Durch eine effektive Überwachung kann die MedTech-Industrie hohe Sicherheits- und Qualitätsstandards für auf dem Markt befindliche medizinische Geräte aufrechterhalten.
Pro- und reaktive PMS
Bei der Post-Market Surveillance unterscheidet man zwischen zwei wesentlichen Ansätzen. Sowohl proaktive als auch reaktive PMS werden verwendet, um die Sicherheit und Leistung von Medizingeräten nach ihrer Markteinführung zu überwachen. Diese Überwachung umfasst geplante und systematische Aktivitäten, die vom Hersteller des medizinischen Geräts oder von Regulierungsbehörden initiiert werden. Daten zur Leistung und Sicherheit werden kontinuierlich gesammelt und bewertet. Das Ziel besteht darin, potenzielle Probleme zu identifizieren und anzugehen, bevor sie zu erheblichen Schwierigkeiten oder unerwünschten Ereignissen führen. Wesentliche Merkmale der proaktiven Überwachung sind:
- Aktive Datensammlung: Hersteller sammeln aktiv Daten aus verschiedenen Quellen, wie klinischen Studien, Registern und Evidenz aus realen Anwendungen/Gerätenutzungen?.
- Risikobewertungen: Regelmäßige Risikobewertungen basierend auf den gesammelten Daten sollen Trends oder Muster identifizieren, die auf Sicherheitsbedenken oder Leistungsprobleme hindeuten.
- Signalerkennung: Hersteller verwenden statistische Methoden und Algorithmen, um Signale oder Frühwarnzeichen potenzieller Probleme mit dem medizinischen Gerät zu erkennen.
- Periodische Berichterstattung: Regelmäßige Berichterstattung an Regulierungsbehörden und andere Stakeholder, um sie über den Sicherheits- und Leistungsstatus des Geräts auf dem Laufenden zu halten.
Die reaktive Überwachung wird durch Berichte über unerwünschte Ereignisse, Sicherheitsbedenken oder Leistungsprobleme ausgelöst, die in der Anwendung der Medizinprodukte beobachtet wurden. Der Schwerpunkt liegt darauf, spezifische Vorfälle, die bereits aufgetreten sind, zu untersuchen. Wesentliche Merkmale der reaktiven Überwachung sind:
- Passive Datensammlung: Im Gegensatz zur proaktiven Überwachung stützt sich die Reaktive auf die passive Meldung von unerwünschten Ereignissen oder Problemen durch medizinisches Fachpersonal und Patient:innen.
- Ereignisgesteuerte Untersuchungen: Wenn ein potenzielles Problem gemeldet wird, untersuchen Hersteller und Regulierungsbehörden das Thema, um Ursache, Ausmaß und potenzielle Auswirkungen auf die Patient:innensicherheit zu ermitteln.
- Beschwerdeabwicklung: Beschwerden im Zusammenhang mit der Leistung des Geräts werden sorgfältig geprüft und analysiert, um wiederkehrende Probleme zu verstehen.
- Schnelle Reaktion: Abhängig von der Schwere des Problems müssen Hersteller möglicherweise sofortige Maßnahmen ergreifen, wie Sicherheitswarnungen, Rückrufe oder Korrekturmaßnahmen.
Kosten eines PMS-Systems
Mit der Einführung der MDR hat sich der Druck auf Hersteller erhöht, eine umfassende Post-Market Surveillance zu gewährleisten. Zusätzlich zu den gestiegenen Produktionskosten, bedingt durch Inflation und zahlreicher Krisen, sind steigende Kosten für ein PMS ebenfalls abzusehen. Gründe dafür sind ein umfangreichere und häufigere Reportings durch die MDR. Ein weiterer Einfluss auf die Kosten, ist die Klasse der hergestellten Medizinprodukte. Klassen mit höherem Risiko, also IIa, IIb und III, verlangen dabei ein größeres Budget als Klasse I. Bei einem Post-Market Surveillance-System spricht man von Kosten entsprechend von 2-3% des jährlichen Umsatzes. Hinzu kommen unter Umständen zusätzliche Posten wie Softwareentwicklung, Entwicklungskosten im Bezug auf das Produkt oder Schulungsbedarfe. In Summe kann die Post-Market Surveillance so Kosten von 5-10% des Jahresumsatzes ausmachen. Obwohl es hier selbstverständlich Schwankungen je nach individuellem Produkt und Hersteller gibt, geht man davon aus, dass es für Hersteller von Medizinprodukten mit hohem Risiko noch teurer werden kann.
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