Das Modul für Vigilanz und Post-Market Surveillance (PMS) stellt eines der sechs Module der EUDAMED dar. Während der Nachweis der Medizinproduktesicherheit in der MDD (Directive 93/42/EEC) noch recht offen gehandhabt wurde, ist der Begriff Post-Market Surveillance in der Medical Device Regulation (MDR) sehr eindeutig definiert. Laut MDR sind Hersteller dazu verpflichtet Kundenbeschwerden zu analysieren und Meldungen aus Vigilanz-Systemen wie der EUDAMED auszuwerten. Außerdem müssen sie kontinuierlich Daten erheben zu Sicherheit, Leistungsfähigkeit und dem Risiko-Nutzen-Verhältnis des von Ihnen vertriebenen Medizinproduktes und diese bewerten. Die hierfür notwendige Recherche und Sammlung von Daten stellt Medizingerätehersteller regelmäßig vor eine Herausforderung.
Die Überwachung von Medizinprodukten, durch proaktive und reaktive Sammlung von Daten, ist von immenser Bedeutung für die Gewährleistung der Patient:innensicherheit. Oft sind der personelle Aufwand und die damit einhergehenden Kosten bei der Post-Market Surveillance Datensammlung für die Hersteller nicht überschaubar. Insbesondere die Literaturrecherche und das Auswerten der Daten kann zeitintensiv sein. Das liegt zum einen an der Anzahl möglicher Daten und der Vielfalt an Datenquellen, zum anderen an dem Prozess relevante von unrelevanten Informationen zu trennen. Ein standardisiertes Vorgehen kann an dieser Stelle dem Prozess der Datenrecherche und Auswertung mehr Effizienz verleihen.
Informationsaustausch zwischen den Abteilungen
Cross-funktionale Zusammenarbeit ist eine Herausforderung für fast alle Unternehmensbereiche – auch in Bezug auf die Post-Market Surveillance. Innerhalb von Medizintechnik-unternehmen kann die für die Datensammlung zuständige Abteilung thematisch oft abgeschirmt sein von anderen Abteilungen. Wichtiges Wissen und Informationen sind jedoch auch bei themenfremden Kolleg:innen zu finden. Womöglich ist es eine Kollegin, die einen Artikel auf LinkedIn liest oder ein Kollege aus dem Vertrieb, der im Kund:innengespräch von einem Vorfall hört.
Genauso wichtig ist die effektive Zusammenarbeit im Team. Sei es, um Informationen nicht doppelt zu bearbeiten oder um Daten nach dem 4-Augen-Prinzip zu bewerten. Um die Sammlung von Daten effizient zu gestalten, ist die Etablierung eines Prozesses für den Informationsaustausch sinnvoll. Die Erstellung von Standard Operating Procedures (SOPs) und das Führen einer firmeninternen Datenbank kann hier hilfreich sein. Im besten Fall mit einem Audit Trail und der Option, Aufgaben an Kollegen zu verteilen.
Auswahl der richtigen Literaturdatenbank
Je nachdem, um welche Art Medizinprodukt es sich handelt, kommen verschiedene Datenquellen in Frage. Auch wie etabliert die zugrundeliegende Technologie des Medizinproduktes ist, hat Relevanz. Handelt es sich um ein seltenes Produkt oder eine sehr innovative Technologie findet man in großen Datenbanken, wie z.B. Pubmed, häufig nur wenig relevante Fachartikel. Aufgrund dessen, muss nicht selten eine große Menge Texte durchforstet werden, bevor man darunter die relevanten findet.
Bei etablierten Medizinprodukten reicht oft schon der Blick auf die Autoren der Fachartikel. Er verrät, ob das Produkt aus dem eigenen Unternehmen stammt oder die zugrundeliegende Technologie mit der des eigens vertriebenen Medizinproduktes vergleichbar ist.
Erstellung einer Suchanfrage
Die Erstellung von Suchanfragen (Search Queries) bei der Post-Market Surveillance Datensammlung kann je nach Erfahrung des Teams und Kenntnisstand über das jeweilige Medizinprodukt eine ganz besondere Herausforderung sein. Ziel ist es, die Literaturmenge einzugrenzen, ohne jedoch wichtige Artikel durch eine zu eingeschränkte Suche auszuschließen. Kennt man die wichtigsten Begriffsvariationen, Datenbankspezifikationen und den Umgang mit Booleschen Operatoren wie „AND“, „OR“, „NOT“ geht die Suche schon leichter von der Hand. Die Europäische Union empfiehlt daher den Prozess der Literaturrecherche zu standardisieren durch Entwicklung festgelegter Suchanfragen und deren Erprobung.
Umgang mit Duplikaten
Häufig werden bei der Literaturrecherche unzählige Duplikate von Fachartikeln gesammelt. Dies ist auch bei einer standardisierten Suche der Fall. In der Regel handelt es sich hier um doppelte Zitate, entstanden durch den Einbezug von Sekundärquellen wie systematischen Übersichtsarbeiten oder Meta-Analysen in die Literaturrecherche. Eine Möglichkeit der Duplikate Herr zu werden ist das sehr aufwendige, manuelle Sichten der Literatur nach Titel, Abstract, Autoren, Journal und Jahr der Veröffentlichung. Verwendet man ein modernes Literaturverwaltungs-programm, werden Duplikate automatisch identifiziert und nach Bestätigung durch den*die Nutzer*in aussortiert. Diese Variante ist manuell weniger aufwendig und zeitintensiv. Der Erwerb eines solchen Softwaretools geht jedoch mit Kosten einher.
Herausforderungen der Post-Market Surveillance überwinden
Eine systematische Vorgehensweise bei der Post-Market Surveillance Datensammlung hilft, sie effizient und standardisiert zu gestalten.
5 Schritte kommen hier zum Tragen:
- Recherche von Fachartikeln in Datenquellen
- Entfernung von Duplikaten
- Durchsicht und aussortieren anhand von Titel und Abstracts
- Anwendung von Ein- und Ausschlusskriterien auf vollständige Texte
- Bewertung der restlichen Artikel
Für die Recherche der Fachartikel ist die Einführung einer Vereinheitlichung der Stichwortliste ein idealer Startpunkt zur Verbesserung des Prozesses. So kann die Suche genauer und mit weniger Zeitaufwand betrieben werden. Die Nutzung von Suchalgorithmen kann dabei ebenfalls helfen.
Bei der Entfernung von Duplikaten und für die Durchsicht und Aussortierung von Literatur hilft die Entwicklung eines Kriterienkatalogs. So können Paper anhand von Titel und Abstracts als relevant oder irrelevant eingestuft werden. Softwarebasierte Textanalyseverfahren können an dieser Stelle nützlich sein.
Ist die Vorsortierung abgeschlossen, werden die vollständigen Texte der Fachartikel gesichtet unter Anwendung von Ein- und Ausschlusskriterien. Wird eine Anpassung der Ausschlusskriterien als sinnvoll erachtet, empfiehlt sich eine iterative Vorgehensweise. Hierbei werden die Kriterien so lange angepasst und erprobt, bis bestenfalls nur noch Literatur mit sicherheitsrelevanten Informationen übrig ist. Auch softwarebasierte Relevanzanalysen sind in der Lage die Ausschlusskriterien effizient anzupassen. Sie können auch bei der endgültigen Auswahl der einzubeziehenden Artikel angewandt werden.
Künstliche Intelligenz (KI) ist dazu in der Lage jeden dieser Schritte zu automatisieren. Sie kann dazu genutzt werden einen Stichwortkatalog oder auch Suchalgorithmen zu erstellen und zu optimieren, Texte zu analysieren und bei der Bewertung zu unterstützen. Für die Literaturrecherche und das Daten-Screening innerhalb der Post-Market Surveillance ist sie ideal, um Prozesse zu vereinfachen und Unternehmen damit Zeit und Geld einzusparen.